Schulbücher als Mehrbedarf nach dem SGB II

Mehrbedarf bei Jobcenter beantragt

Empfänger von Hartz 4 oder andere Leistungsberechtigte haben es häufig nicht leicht. Denn häufig ist “am Ende des Geldes noch zu viel Monat übrig.” Kommen dann noch unvorhergesehene finanzielle Belastungen auf den Leistungsbezieher zu, wird das Loch im Geldbeutel unvorhergesehen noch größer.

Unterschied zwischen Mehrbedarf und Regelbedarf

Für diese außergewöhnlichen Situationen, die vom Regelbedarf  (20 I SGB II) nicht oder nicht ausreichend umfasst sind, sieht das Gesetz aber Besonderheiten vor. Dies sind die sogenannten Mehrbedarfe (§ 21 SGB II). Diese sind nach der gesetzlichen Definition Leistungen, die nicht von dem Regelbedarf abgedeckt sind (§ 21 SGB II). Von dem Regelbedarf umfasst sind z.B. Ernährung, Kleidung, Körperpflege und Hausrat.

Für Leistungsempfänger ist es dann ein besonderes Ärgernis, wenn Jobcenter oder Sozialamt dem Anspruchsberechtigten zustehende Mehrbedarfe verwehren.

Jobcenter lehnt Antrag ab

So geschehen im Fall einer Leistungsempfängerin, die zum Zeitpunkt der Antragstellung die 11. Klasse des Gymnasiums besuchte. Zu Beginn des neuen Schuljahrs mussten Schulbücher durch die Schülerinnen und Schüler selbst angeschafft werden. Daraufhin beantragte die Schülerin die Übernehme der Kosten als Mehrbedarf. Dies lehnte das Jobcenter mit der Begründung ab, dass Schulbücher bereits vom Regelbedarf umfasst seien.

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts

Dieser Argumentation des beklagten Jobcenters ist das Bundessozialgericht (BSG, Urt. v. 8.5.2019 – B 14 AS 13/18 R) entgegengetreten. Das Gericht stellte in seiner Entscheidung fest, dass der Regelbedarf für Schulbücher in der überwiegenden Anzahl der Bundesländer nicht anhand der realistischen Gegebenheiten erfasst sei. Dies gälte jedenfalls dann, wenn in dem Bundesland keine Lernmittelfreiheit bestehe.

Lernmittelfreiheit liegt dann vor, wenn die erforderlichen Schulbücher z.B geliehen werden können. Nach § 96 I des Schulgesetzes NRW sind Eltern verpflichtet einen Eigenanteil in Höhe von 1/3 zu entrichten. Ausgenommen von dieser Vorschrift sind nach § 96 III des Schulgesetzes NRW lediglich Bezieher von Leistungen der Sozialhilfe. Somit gilt diese Regelung nicht für Empfänger von Hartz 4.

Im Ergebnis nahm das Gericht einen Härtefallmehrbedarf nach § 21 VI SGB II an und verurteilte das Jobcenter zur Zahlung der angefallenen Kosten für die Schulbücher.

Betroffene sollten nunmehr auch nachträglich noch einen Antrag auf Übernahme der Kosten von Schulbüchern bei dem zuständigen Jobcenter stellen. Dies gilt im Übrigen nicht nur für Schulbücher. Denn die Entscheidung lässt sich vermutlich auch auf andere Schulbedarfe, wie z.B. die Anschaffung eines Tablets übertragen.

Fazit

An der vorliegenden Entscheidung zeigt sich wieder einmal, dass ein Ablehnungsbescheid einer Behörde nicht stillschweigend hingenommen werden sollte. Häufig kann bereits das Einlegen eines Widerspruchs mit einer fundierten juristischen Begründung dem Betroffenen zum Erfolg verhelfen. Notfalls kann auch der Gang vor das Sozialgericht von Erfolg sein, wie die vorliegende Entscheidung zeigt.

 

 

 

 

 

 

 

 

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